Föhrenbergkreis Finanzwirtschaft

Unkonventionelle Lösungen für eine zukunftsfähige Gesellschaft

Ausfallversicherungen: Banken fürchten Italien-Pleite

Posted by hkarner - 6. August 2012

Handelsblatt.com, 06.08.2012, 11:12 Uhr

Viele Banken sind offenbar skeptisch, was Italien betrifft. Sie kaufen in großem Stil Kreditausfallversicherungen, sogenannte Credit Default Swaps (CDS). Am kräftigsten langt ein Institut aus der Schweiz zu.

Italienische Euromünze. Sorge um die Kreditwürdigkeit des Landes. Quelle: dpa

Italienische Euromünze. Sorge um die Kreditwürdigkeit des Landes. Quelle: dpa

New York. Die Großbanken JPMorgan Chase & Co., UBS AG und die Credit Suisse Group AG haben im zweiten Quartal einen größeren Anteil ihrer Bestände an italienischen Staatsanleihen durch Credit Default Swaps (CDS) abgesichert. Das zeigt eine Analyse der aktuellen Quartalsberichte der Banken.

 Kreditausfallversicherungen (CDS)
  • Was sind Kreditausfallversicherungen?

    Mit Credit Default Swaps (CDS) – zu deutsch Kreditausfallversicherungen – können sich Investoren gegen einen möglichen Zahlungsausfall zum Beispiel einer Staatsanleihe absichern. Kann der Schuldner nicht zahlen, springt der Versicherer ein. Vorausgesetzt er hat ausreichend dafür vorgesorgt – was nicht immer der Fall ist. 2008 stand der damals größte Emittent solcher Produkte, der US-Versicherungsriese American International Group (AIG), kurz vor der Pleite. Damals ging es um CDS auf den Ausfall hochspekulativer Wertpapiere, die Kredite für den amerikanischen Häusermarkt bündelten. Der Versicherungskonzern konnte die Schadenssummen aus den Ausfällen nur zahlen, weil er vorher vom Staat gerettet wurde.

  • Wer verdient an den CDS?

    Zuerst einmal derjenige, der das Risiko versichert – das kann beispielsweise eine Bank sein. Je schlechter ein Land da steht, desto höher die Summe, die für eine Kreditausfallversicherung gezahlt werden muss. Die Prämien für mögliche Ausfälle Griechenlands oder anderer hoch verschuldeter Euro-Staaten sind deutlich gestiegen. Mit Kreditausfallversicherungen wetten aber auch Zocker auf eine schlechtere Bonität der Schuldner, ohne die entsprechenden Staatsanleihen zu besitzen. Dem schiebt die EU weitgehend einen Riegel vor, weil die Praktiken nach gängiger Meinung den Kursverfall von Staatsanleihen künstlich beschleunigt haben. Prinzipiell sollen sich von November 2012 an nur noch Investoren den Schutz über CDS kaufen können, die entsprechende Staatsanleihen halten.

  • Warum stehen CDS in der Kritik?

    CDS werden nicht an der Börse gehandelt, der Markt gilt als wenig transparent und es gibt bisher keine staatliche Kontrolle über die ausgegebenen Papiere. Welche Investoren wie viele CDS auf Griechenland-Anleihen in ihren Büchern haben, ist kaum zu durchschauen. Der Wirtschaftswissenschaftler Thomas Mählmann von der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt sieht daher „dringenden Handlungsbedarf“. „CDS sind durchaus sinnvoll. Aber es
    muss klar sein, wer welches Risiko trägt. Es darf keinen zweiten AIG-Fall geben“.

  • Was ist das Risiko?

    Viele Finanzhäuser haben ihr Engagement in Griechenland-Anleihen verringert. Das bedeutet allerdings nicht automatisch, dass sie die Papiere verkauft haben. Das Risiko lässt sich auch durch den Erwerb von CDS minimieren. „Die entscheidende Frage ist daher, wo das Risiko geblieben ist. Die Anleihen sind ja nicht verschwunden. Durch die CDS wurde das Risiko lediglich umverteilt“, sagt Mählmann. Zwar führt der amerikanische Finanzdienstleister
    Depository Trust & Clearing Corp (DTCC) ein zentrales Register, das Auskunft über die Volumina der Produkte gibt. „Doch CDS müssen nicht darüber laufen. Es gibt nach wie vor keine richtige Transparenz“, kritisiert Mählmann. (Quelle: dpa)

Demnach erhöhte JPMorgan den Anteil im Verlaufe der drei Monate von 52 auf 61 Prozent. Bei der Credit Suisse kletterte die Quote von 69 Prozent auf 90 Prozent. Etwas geringer stieg der Anteil beim Konkurrenten UBS – hier ging es von 60 auf 62 Prozent nach oben.

Die Rendite zehnjähriger italienischer Anleihen war in der vergangenen Woche deutlich über die Marke von sechs Prozent gestiegen. Am Freitag konnten sich die Bonds wieder etwas erholen. Am Markt wurde vermehrt auf Anleihekäufe durch die Europäische Zentralbank EZB spekuliert.
Bei den deutschen Bundesanleihen sind die Kurse zu Wochenbeginn gestiegen. Das vom Forschungsinstitut Sentix ermittelte Investorenvertrauen ist weniger schwach ausgefallen als erwartet. Die Stimmung verschlechterte sich von minus 29,6 Indexpunkten im Juli auf minus 30,3 im August. In einer Umfrage von Bloomberg News unter Ökonomen war ein Rückgang auf minus 31,0 erwartet worden.

Die Rendite der Bundesanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren lag zuletzt drei Basispunkte tiefer bei 1,39 Prozent. Der Terminkontrakt Bund-Future stieg um 22 Basispunkte auf 143,17 Prozent.

Zehnjährige Portugal-Bonds fielen mit deutlichen Kursgewinnen auf. Die Rendite sank um zuletzt 25 Basispunkte auf 10,33 Prozent. Portugiesische Staatspapiere haben den Investoren in den ersten sieben Monaten dieses Jahres einen Ertrag von 28 Prozent eingebracht. Das ist die beste Entwicklung unter 26 Anleihemärkten, wie Indizes von Bloomberg und der European Federation of Financial Analysts Societies (EFFAS) zeigen. Bundesanleihen brachten den Investoren 4,1 Prozent ein, mit spanischen Staatspapieren kamen sie auf Verluste von 5,1 Prozent.

Am Markt für US-Staatsanleihen gab es leichte Kursgewinne. Die Rendite der zehnjährigen Treasuries sank um einen Basispunkt auf 1,55 Prozent. Händler gehen mehr und mehr davon aus, dass die Notenbank Federal Reserve die Leitzinsen tatsächlich bis 2014 auf dem rekordniedrigen Niveau von nahe null belassen wird. Renditen von 1,0 Prozent bei zehnjährigen Papieren gelten als möglich. “Ich werfe das Handtuch” und kaufe, sagte Jay Mueller, Vermögensverwalter bei Wells Capital Management in Milwaukee.

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..